Fashion-Apps: Zalando führend – und das ist ein Problem

Die neueste Fashion-App-Studie von Simon-Kucher zeigt: 84 % der Deutschen nutzen mindestens eine Mode-App, über die Hälfte hat sogar drei oder mehr auf ihrem Smartphone. Klingt erstmal nach einer Erfolgsgeschichte, ist es aber nicht.

Denn was das eigentlich heißt: Shoppen war noch nie so leicht, so omnipräsent, so verführerisch. Schnell mal durch Zalando scrollen, ein paar Klicks später kommt die nächste Lieferung. Retouren? Kostenlos. Konsequenzen? Egal.

Zalando liegt vorne – und das bedeutet noch mehr Müll

41 % der Deutschen haben Zalando auf dem Handy. Danach kommen H&M (39 %) und Otto (37 %). Das ist nicht der Beweis für eine kluge Digitalstrategie, sondern für eine aus dem Ruder gelaufene Konsumspirale.

Denn seien wir ehrlich: Wer von uns braucht wirklich noch mehr Klamotten? Trotzdem bestellen wir. Und zwar so oft, dass Zalando jeden Tag über 250.000 Pakete verschickt.* Jedes zweite davon geht zurück. Was passiert mit der ungetragenen Ware? Sie landet nicht immer wieder im Regal. Vieles davon wird geschreddert, vernichtet oder billig weiterverkauft**.

Die Studie präsentiert es als Misserfolg, dass P&C (15 %) und Galeria (11 %) digital kaum mitspielen. Während Zalando & Co. ihre Apps so optimieren, dass wir noch schneller noch mehr kaufen, haben die alten Modehäuser diesen Turbo-Konsum einfach nicht perfektioniert. Ich finde: Gut so.

Shein und die Doppelmoral at its best

Besonders absurd: Shein – schon öfter Thema in meinem Blog – ist nicht etwa die App derjenigen, die genau überlegen müssen, für was sie ihr Geld ausgeben. Nein, Shein ist die App für Menschen mit einem hohen Einkommen.

  • 31 % der Nutzer mit einem monatlichen Haushaltsnettoeinkommen zwischen 6.001 und 7.000 Euro shoppen dort.
  • 30 % der Leute mit einem monatlichen Haushaltsnettoeinkommen zwischen 5.001 bis 6.000 Euro auch.
  • 25 % der „Top-Verdiener“ mit über 7.000 Euro monatlichen Haushaltsnettoeinkommen ebenso.

Weniger statt noch mehr Rabatte und Preisvergleiche

Laut der Studie wollen Nutzer*innen der Apps Rabatte, Preisvergleiche und schnelle Lieferung. Das eigene Kauf- und Konsumverhalten spielt dabei – Überraschung – keine ausgeprägte Rolle. Dabei sollten Fragen wie diese die Tagesordnung bestimmen:

  • Brauchen wir wirklich noch eine App, die uns 24/7 in Versuchung führt?
  • Sollte die Modebranche sich nicht endlich damit beschäftigen, wie sie Konsum reduziert, statt ihn noch einfacher zu machen?
  • Müssen wir wirklich alles nur daran messen, wie erfolgreich ein Unternehmen darin ist, uns zum Kaufen zu bringen?

Fazit: Weniger shoppen, mehr nachdenken

Diese Studie verkauft den Erfolg der großen Fashion-Apps als Fortschritt. In Wahrheit ist es ein weiterer Schritt Richtung ungezügeltem Überkonsum. Einfach, schnell, immer und überall direkt auf unseren Smartphones.

Mein Wunsch: Vielleicht nicht die zehnte App aufs Handy laden. Vielleicht nicht die fünfte Zalando-Bestellung diese Woche / Monat aufgeben. Vielleicht einfach mal überlegen, was wir wirklich brauchen – und was nicht.


* Eine genaue Zahl der täglich von Zalando versendeten Pakete ist aktuell schwer zu finden. Allerdings verzeichnete Zalando im Jahr 2024 insgesamt 290,7 Millionen Bestellungen. Das entspricht durchschnittlich etwa 796.000 Bestellungen pro Tag. Dabei sind häufig mehrere Artikel in einer Bestellung enthalten, was die Anzahl der tatsächlich versendeten Pakete beeinflusst.

** Mehrere Recherchen – unter anderem vom SWR mit der „Zeit“ und der Recherche-Plattform Flip – haben ergeben, dass Zalando nicht alle retournierten Artikel wieder in den Verkauf bringt. Einige Kleidungsstücke werden an Großhändler weiterverkauft, die sie ins Ausland exportieren, während andere aufgrund von Gebrauchsspuren oder Gerüchen vernichtet werden. Diese Praktiken stehen im Widerspruch zu Zalandos öffentlichen Aussagen, dass 97 % der retournierten Waren erneut angeboten werden.


Coverfoto von CardMapr.nl auf Unsplash

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