Das Leben in pandemischen Zeiten kann ein ganz schönes Arschloch sein. Nein, das ist weder ein Satz von Thomas Bernhard noch der Titel meines ersten Romans, umschreibt aber – wie ich finde – das neue stetige Gefühl, mit dem ich 2021 bisher verbinde. Fernab von dem Leben, das ich vor dem März 2020 geführt habe, galt auch für uns in den letzten Monaten: Lockdown, Rückzug aus dem öffentlichen Raum, Home-Office, Vereinzelung in freundschaftlichen und familiären Beziehungen. Aus absolut nachvollziehbaren Gründen. Aber hey, die Kommunikation unserer Bundesregierung dazu war einfach unterirdisch.
Seit November hangelten wir uns – wie viele – von einer MPK zur nächsten, von einer halbgaren zur nächsten höchst umstritten und medial diskutierten Entscheidung auf Bundesebene, die dann auf Landesebene nicht wie besprochen umgesetzt wurde (bei uns: Berlin). Wir öffnen, weil wir Tests haben (es gibt aber nicht ausreichend Tests)! Wir öffnen, weil wir impfen können (haben aber nicht ausreichend Impfstoff)! Wir öffnen, weil die Inzidenzen niedrig sind (haben aber kaum verlässliche Zahlen, wo genau uns der Virus das Leben gerade so schwer macht)! Hatte ich bislang nur vereinzelt graue Haare, sprießten diese in den Monaten der mutwillig herbeigeführten Orientierungslosigkeit durch leider größtmögliche Inkompetenz auf höchstem administrativen Level in größerem Maßstab. #dankemerkel, aber bitte mit einem Zwinkersmiley.
Nicht verrückt werden, während andere nur nachdenken
Zwischen all dem Irrsinn versucht man, nicht verrückt zu werden. Verrückt aus Sorge um die eigene Tochter, die in die Schule gehen soll, aber die angekündigten Tests nicht da sind. Verrückt aus Sorge um die Familienmitglieder, die noch auf eine Impfung warten (die Ersten aus unserer Familie haben glücklicherweise die erste Impfung schon bekommen). Verrückt auch aus Sorge um sich selbst, weil man a) dieses Virus nicht bekommen möchte, b) nach über einem Jahr Home-Office auch nicht mehr alles so rosig sieht wie in den ersten Wochen und c) generell die Zeit nur so zwischen den Fingern zerrinnt.
Der Wunsch, dass diese Einschränkungen endlich ein Ende haben, ist da – nur kommen wir im Gegensatz zu manch anderen in Deutschland zu einer anderen Einschätzung: Maske auf und endlich mal den Lockdown konsequent durchziehen – wie wäre es denn einmal damit? Nur so eine Idee, muss man ja nicht machen. #allenichtganzdicht
Während Armin Laschet nachdachte und doch Kanzlerkandidat der Union wurde, stiegen vor allem durch die letztere Entscheidung die Chancen von Annalena Baerbock ohne ihr Zutun direkt einmal um einige Prozentpunkte. Beginnt ab September nach 16 Jahren Merkel endlich eine grün geführte Bundesregierung? Die Chance stehen gut – spannende Zeiten warten auf uns.
Okay, wir haben wenig Zeit – aber lass trotzdem was machen
In diesen Tagen ist es umso wichtiger, Dinge zu machen, die einem gut tun. Zum Beispiel die Familie nach etlichen Tests im Vorfeld endlich wieder einmal im kleinen Kreis besuchen, sich Zeit nehmen für regelmäßige Laufrunden und für Lieblingsthemen. Deswegen standen die ersten Wochen und Monate des Jahres eben auch im Zeichen der Fair und Slow Fashion!
- Gemeinsam mit Helen Fares durfte ich Teil der Folge „Ich brauch es. Jetzt!“ von arte PsychoBugs sein. Im Mittelpunkt steht Amatu, die uns in ihrem Alltag zeigt, warum Konsum einen so großen Stellenwert in unserer Gesellschaft einnimmt. Ich sage nur: „Fast Fashion ist nicht nötig. Style geht auch anders.“
- Kurz vor Ostern habe ich mit Elena Gerdes von „Entire Stories“ über meine eigene Mode-Geschichte gesprochen und bin dabei ausführlich auf die Beweggründe eingegangen, warum Kirsten und ich unseren Moderatgeber „Einfach anziehend“ veröffentlicht haben. Unser Gespräch ist auf den gängigen Podcast-Plattformen erschienen, auch auf Spotify:
- Für das sehr toll gewordene Mode Magazin „Change Fashion!“ von Fairtrade Deutschland habe ich einige Ideen aufschreiben, wie wir nach der Pandemie einen Neustart in der Mode hinbekommen können. Natürlich gibt es da nicht die eine Lösung, aber viele Stellschrauben, die wir noch drehen müssen!
- Dazu habe ich noch einige praktische Tipps formuliert und mit Hannah Radke in einer neuen Podcast-Ausgabe von „Besser Fair“ über meine Schlüsselmomente in der Auseinandersetzung mit Fast und Fair Fashion geführt.
- Für die NEONYT ON AIR stand ich wieder einmal vor der Kamera von René. Wir haben zwei meiner liebsten Labels – Armedangels und bleed – auf dem Rüttli-Campus in meinem Neuköllner Kiez und in unserem Hinterhof in Szene gesetzt.
Neben diesen Hör- und Lesetipps gibt es noch einige weitere Artikel, die ich euch wärmstens ans Herz legen möchte:
- »Wer kaputte Klamotten repariert, repariert ein kaputtes System« Interview mit Orsola de Castro über ihr neues Buch „Loved Clothes Last“
- „Der Altkleider-Wahnsinn: Mit Spenden Schlechtes tun“ Spezial der Deutschen Welle zu gebrauchter Kleidung
- Die Folge „OVERproduction mit Viola Wohlgemuth“ im äußerst hörenswerten TALK SLOW – Der Fair Fashion Podcast
- Nunu Kaller ist CSR-Fetischistin und hat sich den Nachhaltigkeitsreport 2021 von h&m angesehen – und lässt an diesem kein gutes Haar
- „Textilproduktion in Zeiten der Pandemie“: Journalstin Susanne Bartra führt für die GreenstyleMUC von Mirjam Smend ein Interview mit Marina Chahboune, ihrerseits global agierende Nachhaltigkeitsmanagerin in der Modeindustrie
Zu guter Letzt: Wie geht es euch in diesen Zeiten? Wie kommt ihr durch die Pandemie? Mit was könnt ihr euch am besten ablenken? Ich freue mich auf eure Antworten und Kommentare!