Alles neu macht der August: Neuer Monat, neuer Job und eine neue Fotostrecke von »Z² – Zahn und Zieger unterwegs«! René und mich zog es erneut in den Westen Berlins. Diesmal starteten wir vom Bikini Berlin aus (wir hatten euch ja schon einmal mitgenommen) Richtung Messe/ICC und spürten auf der fast 3 Kilometer schnurgerade verlaufenden Kantstraße so manch skurrilen Ort auf, der die ideale Kulisse für unsere Fotostrecke sein sollte.
Wirklich unscheinbar ist der Ort unserer ersten Szenerie wahrlich nicht. Viele Autofahrer werden die Kant-Garagen kennen, tankt man hier doch im Erdgeschoss noch relativ günstig. Das mehrgeschossige und denkmalgeschützte Gebäude fügt sich nicht wirklich in das bauliche Umfeld ein. Zu dunkel, zu schief, zu monströs steht das Parkhaus auf diesem ersten Kilometer der Kantstraße – und ist dennoch aus dem Blickfeld nicht wegzudenken. Mehr als das Erdgeschoss werden die meisten Besucher aber nicht kennen. Und so machten wir uns auf, auch die hintersten Winkel der Kant-Garagen zu entdecken. Nur eines wurde uns von den Mechanikern mit auf den Weg gegeben, als wir fragten, ob wir uns hier denn mal umsehen dürften: »Bloß nicht in die Ecken pissen!« Jungs, keine Sorge – haben wir gerade noch so geschafft!
» Es ist immer noch viel los, auch wenn die große Geschichte vorbei ist «
Eigentlich sollten die Kant-Garagen schon gar nicht mehr stehen. Das Bauwerk, 1929 bis 1930 erbaut, sollte bereits 2013 abgerissen werden. Der Eigentümer Christian Pepper meinte, die Garagen seien nicht mehr zu retten und wären so baufällig, dass nur noch ein Abriss in Frage käme. Zum zweiten Mal nach 1991 sollten die Garagen also weichen und – so die landläufige Vermutung – entweder Eigentumswohnungen oder weiteren Geschäften weichen. Blöd nur, dass der Eigentümer diese Rechnung ohne die Denkmalbehörde und viele weitere Unterstützer (u.a. die Akademie der Künste, das Bauhaus-Archiv, die Architektenkammer Berlin) gemacht hat. In zwei unabhängigen Gutachten wird zudem festgehalten, dass die Kant-Garagen sanierungsbedürftig sind, aber beileibe nicht einfach platt gemacht werden dürfen. Eine gute Entscheidung.
René und ich waren uns einig, dass die Kant-Garagen wieder einmal so ein sehr typischer Berliner Schauplatz sind. Mich beschlichwieder das Gefühl, welches ich bereits beim Schrottplatz in Schöneberg hatte: Hier gibt es noch dieses einmalige Gefühl von einem Berlin, welches manchen ob der vielen Touristen, gentrifizierten Stadtteilen und einer unmöglichen Stadtentwicklungspolitik seitens des Senats vollständig abhanden gekommen ist. »Berlin, wie es einmal war«, würden manche sagen. Wir wissen: »Berlin, wie es immer noch ist« – nur will dieses Stück Berlin von euch entdeckt werden. Und so entdeckten wir mit teils offenen Mündern und absolut echter Begeisterung die einzelnen Etagen der Kant-Garagen und freuten uns wie kleine Kinder, die gerade einen geheimen Spielplatz entdeckten haben, wo uns die Eltern sicherlich nie gefunden hätten.
Während wir die einzelnen Etagen des Parkhauses erklommen, fuhren vereinzelt Taxen oder andere, hochmotorisierte Autos an uns vorbei. Leicht ungläubige Blicke trafen uns vom Fahrersitz, doch was können so zwei unscheinbare Gestalten wie wir schon im Schilde führen. Selbst unser Gesprächspartner in der obersten, noch zugänglichen Etage, war redselig und erzählte uns etwas über die Geschichte der Garagen, die nicht nur 5. Stockwerke nach oben, sondern eben auch 5 Stockwerke nach unten gingen. Wobei man weder auf das Dach noch in die untersten Etagen wirklich hineinkommt. In der untersten Etagen wiederum stehen noch die riesigen Öl-Tanks, die die Garage mit Energie versorgen, bis heute.
Uns faszinierte eigentlich alles. Die Drahtglasfenster in grauen Eisenrahmen, die mit einer sehr dicken Staub- und Dreckschicht überzogen waren. Das immer wieder einmal vorhandene Tageslicht, das die Garagen in dieses besondere Atmosphäre eintauchen lässt. Die kleinen Entdeckung in den einzelnen Boxen, die den Besuchern eigentlich verwehrten werden sollten, um nicht preis zu geben, welche Schätze dort noch stehen. Die Kühle an einem Tag, der für uns erst gegen 16 Uhr begann und noch unglaublich viel Hitze und Sonnenschein für uns in petto hatte.
Ich hatte natürlich noch etwas zum Anziehen im Gepäck, denn ohne Klamotten gehen ich nicht auf die gemeinsame Reise mit René. Diesmal mit dabei: 3 Stücke aus meinem Kleiderschrank und 1 Neuentdeckung von der diesjährigen SEEK Berlin. Als momentan noch verhinderter Rennradfahrer (nach meinem Unfall im letzten Jahr ist mein Basso immer noch nicht wieder fit für die Straße) schmückte mein Haupt eine ganz formidable Cycle Cap von Amélie Hentschel aus Karlsruhe. Sie macht unter dem Namen AH310 aus T-Shirts die Mützen, die jeder Radfahrer haben sollte.
Das Besondere daran ist nicht nur die fachmännische Handarbeit von Amélie, sondern auch der Umstand, dass sie dadurch eigentlich die Einzige ist, die Cycle Caps in Organic herstellen kann – falls das Shirt z.B. aus Bio-Baumwolle besteht. Meine Cycle Cap entstand aus einem Shirt von Marathonmann und deren Interpretation von Ziggy Stardust namens „Zombowie“. Die LP ihres 2013er Albums „Holzschwert“ höre ich immer noch sehr gerne, ihr neuestes Machwerk „… und wir vergessen was vor uns liegt“ kann ich euch ebenfalls nur wärmstens empfehlen. Gute Band, gute Cap!
Jetzt: Der Song zur Cycle Cap von Marathonmann >> „Die Stadt gehört den Besten„
An diesem ungemein warmen Sommertag trug ich passend zu meiner schwarzen Cycle Cap mein etwas lockerer geschnittenes T-Shirt von Uniforms for the Dedicated, die „refined menswear for the conscious man“ machen und die ich ebenfalls von der SEEK Berlin kenne. Das Label setzt vor allem auf Stoffe, die wiederverwertet werden – wie etwa Recycled Cotton bei meinem Shirt. Dabei befinden sie sich weiterhin auf dem Weg, ausschließlich auf wiederverwertete Stoffe zu setzen und wollen dieses Ziel bis 2018 verwirklichen. Das Label hat zudem mit der Rag Bag – einer Einkaufstasche, die gleichzeitig als Spendenbeutel dienen soll, um nach dem Kauf eines neuen Produktes ein eigenes altes einer Organisation zu spenden – eine tolle Idee verwirklicht.
Untenrum trage ich die perfekt geschnitte Shorts namens Karl von Armed Angels, die ich erst vor wenigen Wochen im Supermarché gekauft habe. Ein Regular Fit aus GOTS-zertifizierter Bio-Baumwolle mit umgekrempeltem Saum, die sich locker-leicht trägt und sogar ideal für Temperaturen deutlich über 30 Grad ist. In meinem #72hMode-Review habe ich über das Label und die neue Frühjahr/Sommer 2016 Kollektion ja bereits einiges geschrieben. Ich bin ob der sehr guten Verarbeitung und der Qualität der Stoffe hoffnungsfroh, dass Armed Angels den eingeschlagenen Weg weitergehen und versuchen, die Nische zwischen reiner Bekleidung und ausgefallener Mode mit den eigenen grünen Akzenten zu besetzen.
Da unser Ausflug in die Kant-Garagen aber nur den Auftakt unseres Ausflugs darstellte und ich noch das ein oder andere modische Schmankerl dabei hatte, hatte ich noch einen neuen Rucksack dabei – und was für einen: Meine Neuentdeckung von der SEEK Berlin – pinqponq! Wie ihr bereits wisst: Die Rucksäcke und Taschen bestehen aus recycelten PET-Flaschen und weiterem Plastik, die in Vietnam bezogen und auch dort weiterverarbeitet werden – alles zu sozialen und fairen Bedingungen. In den Cubiq Large DLX in Blended Grey passen auf alle Fälle genügend Klamotten für einen tollen Shoot, aber auch für ein Wochenende unterwegs. Vor allem das Inside-Compartment finde ich klasse, da es einfach für ziemlich viele Dinge die genau richtige Tasche gibt. Das 24 Liter Volumen des Rucksacks trägt sich mit dem Tragesystem einfach sehr gut, selbst wenn man einmal etwas schneller mit dem Rad unterwegs sein sollte. Und das mussten wir ja, denn unsere Zeit in der Kant-Garage lief langsam aber sicher ab.
Die Uhr tickte nämlich erbarmungslos herunter und wir hatten doch noch so vieles vor – und die Kantstraße war doch erst zu einem Drittel abgefahren. René und ich liefen die Auffahrten wieder herunter und sogen noch einmal diese einmalige Atmosphäre auf, bevor wir wieder in die sonnendurchtränkte Außenwelt eintauchten und die Sonne auf uns nieder prasselte. Frisch umgezogen, mit einer neuen Shorts und einem neuen Shirt bestückt, sattelten wir wieder unsere Räder und suchten nach unserer nächsten Location. René hatte da noch was mit einem Juwel im Hinterkopf, den wir uns doch unbedingt einmal ausleihen sollten (oder so) – aber dazu bald mehr in einer neuen Folge von »Z² – Zahn und Zieger unterwegs«.
Lesetipp: „Beliebt bei Reichen, Räubern und der RAF“ über die Kant-Garagen von Martina Scheffler in der Berliner Zeitung (Archiv; Online-Ausgabe)
Text: Alf-Tobias Zahn
Fotos: René Zieger
1 Kommentar
KommentierenGuten Tag! Ich habe finde Ihre Text und Foto über die Kant-Garagen sehr schön!
Ich arbeite jetzt in Stilwerk Kant-Garagen, und wir möchten eine Historische Foto Ausstellung machen! Wir finden deine Material sehr interessant!
mit freundlichen Grüßen