Anfang April erreichte mich ein einfaches „Hallo aus Hamburg“. Bis zu diesem Zeitpunkt kannte ich das noch recht junge Modelabel JAN ‚N JUNE nur durch einige Fotos auf Facebook und Instagram. Doch das sollte sich in den auf das „Hallo“ folgenden Tagen ändern. Denn das „Hallo“ stammte von Jula und Anna, den beiden Labelgründerinnen und Macherinnen hinter JAN ‚N JUNE. Die beiden machen nicht weniger als nachhaltige Mode mit einem hohen Grad an modischem Anspruch zu – Achtung – bezahlbaren Preisen. Fashionable. Affordable. Sustainable. Noch Fragen? Na klar! Und Anna & Jula nahmen sich glücklicherweise etwas Zeit, um mir und euch sich und JAN ‚N JUNE näher vorzustellen. Demnach: Vorhang auf!
Alf: First things first: Woher kennt ihr euch beide, liebe Anna, liebe Jula, und was schätzt ihr aneinander am meisten?
Anna & Jula: Wir kennen uns aus dem Bachelor-Studium – in diesem Jahr dann seit 5 Jahren (oh Gott, die Zeit rennt).
Jula: Was ich an Anna am meisten schätze? Die Liste ist lang, aber Top 1 ist der Überblick fürs Große und Ganze! Was auch ganz praktisch ist, ist unsere gemeinsame Schwäche: Unpünktlichkeit. Aufeinander warten müssen wir selten, weil beide gleich spät dran sind …
Anna: Haha ja, das ist wohl wahr. Gepaart mit unserer weiteren gemeinsamen Schwäche Ungeduld, die aber vielleicht dafür gesorgt hat, dass sich alles so schnell entwickelt hat. Was ich an Jula am meisten schätze ist ihre kreative Herangehensweise an alles und ihre Liebe zum ästhetischen Detail.
Alf: Ihr schreibt auf euer Website, dass ihr euer eigenes Label auf Grund einer „persönlichen Notwendigkeit“ gegründet habt – wie sah die aus?
Anna & Jula: Wissen um die Produktionsumstände und die teilweise so unnachhaltig und kurzsichtig verwendeten Rohstoffe auf der einen Seite vs. Große Liebe zur Mode. Wir fanden einfach, dass sich das nicht mehr ausschließen muss. Und glauben auch ganz fest daran, dass man Alternativen nur zugänglicher und optisch ansprechender machen muss und wir alle dann auch bereit sind, unser Kaufverhalten zu ändern. Yes!
» Es ist nicht nur der Fast Fashion Sektor, der umdenken sollte «
Alf: Was störte euch damals – und stört euch vielleicht immer noch – an den „konventionellen“ High Fashion Labels?
Jula: Ich habe Nähereien sowie Wäschereien in Indonesien besuchen dürfen. Von den günstigen Fast Fashion Retailern bis hin zu echt teuren High Fashion Labels: Gleiche Produktionsstätte, alles gleich haufenweise in den Ecken liegend. Für die eine Jacke geben wir Kunden im Endeffekt 60 Euro aus und für die auf dem Stapel daneben 600 Euro. Jeder kann sich an dem Beispiel ausrechnen, dass nur weil etwas teuer ist, nicht unbedingt besser/fairer/weniger schlimm ist. Es ist nicht nur der Fast Fashion Sektor, der umdenken sollte.
Anna: Ich stimme Jula zu, mit Ausnahme von Manufakturen und kleinen Design-Labels passiert in allen konventionellen High Fashion Labels das Gleiche: Bei der Entwicklung und der Produktion von den Produkten werden einfach beide Augen fest geschlossen – denn was hier mit der Umwelt und den beteiligten Menschen passiert kann eigentlich keiner mit sich selbst vereinbaren: Zu viele Chemikalien, keine vernünftigen Schutzmaßnahmen und Filter-/Reinigungssysteme und dazu keine fairen Löhne und unzumutbare Arbeitszeiten. Und da sich das irgendwie nicht ändert, stört uns das immer noch :)
Alf: Wie gestaltete sich dieses eine Jahr bis zur Gründung des Labels?
Jula: In meinem Fall grösstenteils ziemlich typisch für Mitte-Zwanzigjährige würde ich sagen. Bachelor in der Tasche, erst Euphorie, dann „Und was machst du jetzt bloß?“, Job- und Masterbewerbungen, Nachtschichten in einen Restaurant und immer wieder diese eine Idee, die einem irgendwie nicht aus dem Kopf geht. Und plötzlich sitzt man beim Notar und gründet eine Firma.
Anna: Während meiner Bachelorarbeit habe ich mich mit neuen Ressourcen schonenden Fasern und Materialien auseinandergesetzt. Nach dem Bachelor bin ich dann nach Dubai gegangen und habe dort angefangen in einer PR-Agentur zu arbeiten. Mit dem Thema meiner Bachelorarbeit noch im Kopf und meiner Unzufriedenheit mit der eher „oberflächlichen“ Arbeit im PR, klopfte diese Idee wieder an und so saßen wir dann 6 Monate später beim Notar.
» Niemand an unserem Stand? Gott sei Dank hatte sich das Problem erübrigt «
Alf: Beschreibt mir bitte eure Gefühle bei der ersten Vorstellung eurer Premierenkollektion!
Anna & Jula: Wir haben im Rahmen unserer Crowd Funding Aktion eine Dankeschön-Fashion-Show organisiert. Die ist um ehrlich zu sein im Backstage-Stress und Anproben völlig an uns vorbei gerauscht. Als wir mit JAN ‚N JUNE das erste Mal auf dem Green Showroom waren, haben wir im Vorhinein überlegt, was wir mit der vielen Zeit anfangen sollen, in der niemand unseren Stand besucht. Gott sei Dank hatte sich das Problem erübrigt.
Alf: Das Feedback auf eure Entwürfe waren demnach gut. Aber vielleicht überzeugte eure Kundinnen auch noch etwas anderes, nämlich die ECO ID. Wie entstand die Idee dazu?
Anna: Die grundsätzliche Idee, jedes Produkt ganz transparent zu gestalten, war von Anfang an da – die Infos auch – und dann hat Jula der ganzen Sache eine wunderschöne Form gegeben. Et Voila!
Jula: Ehrlich? Die Nährstoff-Angaben auf einer Schokoladenpackung plus ein Reisepass! Die Idee mit dem QR-Code und der Transparenz gab es schon ganz am Anfang. Wir mussten das nur zusammenführen und optisch ansprechend gestalten.
Alf: Was ich euch aus rein egoistischen Gründen fragen muss: Warum gibt es so wenig #blckisthenewgrn für Männer?
Anna & Jula: Die Nachfrage ist definitiv da aber auch uns wurde das irgendwie erst so richtig bewusst, als häufiger „Echt nur Frauensachen, die ihr macht? Voll schade!“ kam.
Alf: Wohin geht die Reise von JAN ‚N JUNE?
Anna & Jula: Im Juli erst mal wieder in Berlin auf den GreenShowroom. Und hoffentlich zu ganz vielen Menschen in den Kleiderschrank!
Wer jetzt richtig auf den Geschmack gekommen ist, dem empfehle ich die beiden „Kollektionen“ von JAN ‚N JUNE: Recycled & Organic auf der Label-Webseite. Live und in Farbe sind die beiden dann für alle im Greenshowroom vom 8. bis 10. Juli 2015 im Berliner Postbahnhof am Ostbahnhof zu sehen.