Unterwäsche trägt jede/r von uns. Natürlich müssen wir uns auch bei dieser Gedanken machen, ob die Materialien gut sind und die Haltbarkeit gewährt ist. Genauso wichtig ist es aber auch, sich in dieser Unterwäsche auch wohl zu fühlen – und das ist nicht immer so einfach. Weil sie unzufrieden war, was ihr an Unterwäsche angeboten wurde, entschied sich Corinna Borucki dazu, ihr eigenes Label zu gründen. Mit Coco Malou ethical lingerie bietet sie jetzt über ihr aktuelles Crowdfunding bei Startnext ihre allererste Kollektion an. Im Interview mit Corinna, die nicht nur Labelinhaberin, sondern auch erfolgreiche Bloggerin ist, habe ich nicht nur über Ethical Lingerie gesprochen, sondern auch über die andauernde Sexualisierung des weiblichen Körpers und Bodypositivity!
Seit wenigen Tagen ist dein erstes Crowdfunding live – und zwar für dein eigenes Label Coco Malou. Wie groß war deine Anspannung vor dem Live-Gang?
Ganz ehrlich: Riesig! Auch wenn man schon ein Netzwerk hat, weiß man ja überhaupt nicht, wie es anläuft und ob die Menschen tatsächlich bereit sind, zu kaufen. Alle schrieben nur, sie sind super gespannt, was natürlich fein ist, aber die eigene Anspannung noch etwas weiter nach oben treibt.
Du arbeitest schon seit Anfang 2018 an der Idee. Wie kam es dazu, dass du dich dafür entschieden hast, eigene Ethical Lingerie herzustellen?
Ich habe schon seit 2017 mit dem Gedanken gespielt, weil ich einfach nicht das Richtige im Bereich Unterwäsche gefunden hab, das mir so richtig gut gefiel. Es gibt zwar schon einige faire Labels und manche sind auch sehr hübsch, aber die meisten sind doch eher sportlich und/oder basic. Gerade im Bereich BHs gibt es noch nicht sehr viel Auswahl, weil es natürlich einfacher ist, ein Bustier oder Bralette zu produzieren als einen Schalen- bzw. Bügel-BH. Allein durch die Größen kommt da sehr viel Komplexität rein und es ist extrem schwer, eine Produktionsstätte in Europa zu finden, die das überhaupt noch kann.
Was ist für dich der große Unterschied von Coco Malou im Vergleich zu anderen Lingerie Labels?
Der Fokus auf moderne, feminine Schnitte mit Spitze und Tencel. Viele andere faire Lingerie Labels arbeiten mit Baumwolle, was mir persönlich nicht so gut gefällt. Außerdem gibt es bei Coco Malou eben auch Schalen BHs statt nur dünner Bustiers. Und im Vergleich zu konventionellen Alternativen: bessere Materialien und faire Produktion in Europa!
Wo lässt du jetzt produzieren und wie bist du auf die Produktionsstätte gekommen?
Ich lasse jetzt in Lettland produzieren, in einer kleinen Stadt, die bekannt ist für ihre Textilbranche und insbesondere Wäsche. Es war allerdings eine sehr lange Suche. Ich hatte mit zig Produktionsstätten Kontakt. Am Ende kam ich über einen meiner Lieferanten zu der Empfehlung meines jetzigen Produzenten.
Woher beziehst du das TENCEL? Und warum ist es aus deiner Sicht das bessere Material im Vergleich zur Baumwolle?
Unser Tencel kommt von Lenzing aus Österreich. Besser ist immer relativ, aber hinsichtlich der Trageeigenschaften hat Tencel viele Vorteile: Die glatte Oberfläche der Faser sorgt dafür, dass sich Tencel besonders weich und angenehm auf der Haut anfühlt. Durch die Fibrillen-Struktur wird entstehende Feuchtigkeit sehr schnell abtransportiert. Da sich so keine Feuchtigkeit an der Faseroberfläche ansammelt, wird die Bildung von Bakterien verhindert. Laut einer Labor Studie von der Medizinuniversität Innsbruck von 2014 entstehen auf Kunstfasern wie Polyamid oder Polyester bis zu 2000 Mal mehr Bakterien als auf Tencel-Fasern. Baumwolle nimmt Feuchtigkeit übrigens gut auf, trocknet aber sehr langsam, also nicht ideal wenn man viel schwitzt.
Vom ökologischen Aspekt ist Baumwolle leider auch kritisch zu betrachten: Sie braucht Temperaturen von mindestens 15° C, etwa ein halbes Jahr lang keinen Frost und viel direkte Sonneneinstrahlung. Regen während der Reifeperiode verschlechtert außerdem die Qualität, weshalb der Anbau hauptsächlich in Gebieten mit warmen, trockenem Klima erfolgt. Da die Baumwollpflanze sehr durstig ist und große Mengen Wasser braucht, muss sie aufwändig bewässert werden. Da schneidet Tencel, welches aus Zellulosefasern aus Bäumen gewonnen wird, deutlich besser ab; da diese weder künstlich bewässert noch gedüngt oder gespritzt werden. Zudem wird deutlich weniger Fläche benötigt, um die gleiche Menge an Faser zu gewinnen. Deswegen habe ich mich für Tencel als Hauptmaterial entschieden.
Über welches Stück aus deiner Kollektion freust du dich am meisten?
Mein persönlicher Favorit ist der BH Malina, aber auch das Höschen Charlotte. Bei letzterem hab ich lang überlegt, ob ich es überhaupt mit aufnehmen soll, weil eine Insta-Umfrage ergeben hatte, dass nur knapp 1/3 gern high waisted Slips tragen. Momentan liegt es aber auf Platz 2 von 4!
Die immer währende Sexualisierung des weiblichen Körpers ist seit längerem ein großes Thema. Nicht nur durch die immer gleichen Titelseiten zum Thema „Körper“ oder auch „Beauty“, sondern auch durch Formate wie „Sylvies Dessous Models“. Wie geht es damit als Gründerin eines Lingerie Labels damit um?
Ich denke im Bereich Lingerie kann man das auch nicht 100% vermeiden. Dennoch soll die Bildsprache von Coco Malou ästhetisch und feminin anstatt aufreizend oder sexualisierend sein. Ich hoffe, das kommt auch so rüber. Letzten Endes finde ich den weiblichen Körper einfach wunderschön und freue mich auch, Frauen schön in Szene zu setzen, damit sie sich wohl in ihrer Haut fühlen – ohne dabei ein Objekt zu sein.
Wie wichtig ist dir in dem Zuge „Bodypositivity“, für die auf Instagram leidenschaftliche gekämpft wird?
Sehr wichtig! Ich habe bei den Models versucht, auf unterschiedliche Körpertypen zu achten und nicht nur den klassischen schlanken Modeltyp darzustellen, wie die meisten Labels es tun. Wir brauchen in der Modeszene noch viel mehr Diversität, denn Instagram ist, neben den tollen Selflove Influencern, leider auch voll mit falschen Vorbildern und Accounts, die einem vorgaukeln, man müsse täglich zum Sport, jede Menge Protein-Shakes trinken und sich runterhungern, um erfolgreich zu sein. Das ist die falsche Message und versaut sicherlich vielen Teenagern ihre eigene Realität. Daher finde ich es wichtig, gerade im Bereich Wäsche, wo man unweigerlich viel Haut sehen muss, zu zeigen, dass es viele Arten von Schönheit gibt.
In einem deiner Post schreibst du, dass du bereits viele weitere Ideen rund um Coco Malou hast. Auf was dürfen wir uns in der nächsten Zeit noch freuen?
Also erst mal muss die erste Kollektion gut anlaufen. Aber dann plane ich im Jahr 2019 auch größere Cups anzugehen und noch mehr mit Spitze und Transparenz zu arbeiten. Drück mir die Daumen, dass es soweit kommt!
Die Daumen werden kräftig gedrückt, liebe Corinna, dass du auch die zweite Fundingschwelle im Sturm nimmst und deine Ideen umsetzen kannst!
Interview: Alf-Tobias Zahn
Fotos: Corinna Borucki und Lisa Pommerenke