Jahaa – hättet ihr jetzt nicht gedacht, dass ich euch tatsächlich heute gleich den zweiten Teil meines Rückblicks auf die wunderbare SEEK Autumn/Winter 2015/16 präsentieren werde. Doch manchmal muss man die Gunst der Stunde nutzen. Deswegen stehen jetzt drei Labels im Fokus, die mich vor allem durch ihre Liebe für das Detail und gut durchdachte Lösungen überzeugt haben – und die dabei auch einfach schöne Mode machen!
Stand gestern noch das Recycling im Vordergrund, blicke ich diesmal auf kluge Köpfe mit witzigen Ideen zurück. Und bei beidem landet man unweigerlich bei Sebastian Kruit von QWSTION. Der Niederländer ist CEO und Mitbegründer des Schweizer Labels, von dem ich bereits meine tolle Simple Bag habe, und hatte etwas Zeit, mir und Rapha die aktuellen Highlights etwas näher zu bringen. QWSTION arbeiten zum Teil mit wiederverwerteten Materialien und setzen bereits auf biologisch angebaute und zertifizierte Materialien, können dies auf Grund von finanziell unrentablen Margen allerdings nur für einen kleineren Produktkreis anbieten.
»Zertifizierte Produktion an der chinesischen Grenze zu Tadschikistan«
Die Produktion der Taschen findet im Norden Chinas statt, an der Grenze zu Tadschikistan. QWSTION hat hier eine Gründergeführte Produktionsstätte gefunden, die nach der Business and Social Compliance Initiative (BSCI) zertifiziert ist und EU-Standards in den Bereichen „Arbeitsbedingungen“ und „Umwelteinflüsse“ in Nicht-EU-Ländern implementiert. Das Label versucht vor Ort, auf erneuerbare Energiequellen zu setzen und ausschließlich natürlich gegerbtes Leder zu verwenden. Die Schweizer sehen sich dabei immer noch auf einem Weg, der noch nicht zu Ende ist und noch weitere Anstrengungen und Verbesserungen vorsieht.
Blickt man auf die verschiedenen Modelle von QWSTION, sieht man sofort, warum das Label bereits ausgezeichnet wurde: Gut durchdacht, hochwertig verarbeitet, belastbar und auf Grund des Designs für viele unterschiedliche Anlässe tragbar. Im Mittelpunkt der Produkterweiterung für die Herbst/Winter 2015/2016 Saison stand die sinnvolle Weiterentwicklung der Produktpalette um Taschenklassiker wie eine Schminktasche, das Reisenecessaire oder kleinere Taschen als Innentaschen für die bereits bestehenden Weekender, Overnighter und Shopper. Die fancy bags sind wirklich ausgesprochen schön geraten und schicken sich an, auch bei den Einkäufern außerordentlich beliebt zu werden.
Lediglich einige Meter Luftlinie entfernt trafen Rapha und ich dann auf die nächsten beiden Labels, von deren Schuhhandwerk ich wirklich restlos begeistert bin – auch wenn beide Labels ganz unterschiedliche Schuhträger als Zielgruppe haben: ekn footwear und KAVAT.
Noel hat mit seinem Label ekn footwear und der neuen Designlinie von Daniel Bailey einen sehr großen Schritt nach vorne gemacht. Der Look der verschiedenen Modelle hat sich über die vergangenen Seasons immer wieder verändert, allerdings nicht so radikal (im positiven Sinne) wie für den Herbst/Winter 2015/2016. Selbstverständlich werden die Schuhe weiterhin in Portugal handgefertigt und bestehen aus pflanzlich gegerbtem und chromfreien Rindsleder (gilt auch für das Futter). Verwendet werden nur chrom- und nickelfreie Metallteile und werden mit 2 Paar Schnürsenkeln und in Kartons aus recyceltem Papier geliefert. Die Rahmenbedingungen stimmten weiterhin.
»Sneaker für den Zeitgeist«
Doch beim Style haben Noel und Daniel eine große Schippe draufgelegt. Die Sneaker, Boots oder Deserts wirken noch mehr aus einem Guss, haben eine noch bessere Form und sind zudem an kleinen Stellen neu justiert worden. Das fängt bei der Fertigung und der Umsetzung der Vorgaben in Portugal an, erstreckt sich über die Höhe der Sohle bis hin zum Heelloop, in dem Noel und Daniel noch einige Informationen versteckt haben. Dazu gibt es jetzt auch Gimmicks wie individuelle Stecker für die Enden der Schnürsenkel – feines Zeug für alle Schuhfetischisten. Den aus Sicht von Noel größten Clou von ekn footwear bekam ich aber leider nicht zu Gesicht, da dieser erst am letzten Tag der SEEK geliefert wurde. Ich durfte zumindest einen Blick auf das Design werfen und bin sehr gespannt, wie dieser Sneaker einschlagen wird – mehr dazu hoffentlich bald an anderer Stelle.
Eine Trennwand entfernt, mit einem schönen großen Stand direkt am Anfang der Reihe zeigte das schwedische Label KAVAT, was aus dem anfänglichen Kinderschuhlabel alles geworden ist. Das Label verwendet für die in Schweden designten und umweltfreundlich produzierten Lederschuhe für Kinder, Jugendliche und Erwachsene ausschließlich 3 Ledersorten, wobei in erster Linie das mit dem EU Eco-Label zertifizierte schwedische Premium Leder verwendet wird. Außerdem kommt Eco Performance Leather, chromfreies Vollleder, und Cross Country Leather, italienisches und holländisches Leder, zum Einsatz. Über allem steht aber die ausgezeichnete Verarbeitung und der hohe Tragekomfort.
»Der Familienschuh und eine ganz besondere Special Edition«
Natürlich hat das Label wieder seine Familienmodelle dabei – ein Modell, dass sowohl für Kleinkinder als auch Jugendliche und Erwachsene aufgelegt wurde und sich großer Beliebtheit erfreut. Schwerpunkt waren allerdings die Boots, Slipper und Halbschuhe aus der „1945“-Kollektion. Im Rahmen dieser Kollektion wurden, Bezug nehmend auf das Gründungsjahr von KAVAT, einige Modelle nur in einer streng limitierten Auflage produziert. Eigentlich sollte es dabei auch bleiben, doch die Kunden wollten mehr. Deswegen entschied sich das Label dafür, einige Modelle der „1945“-Reihe dann doch in einer etwas größeren Stückzahl zu produzieren. Etwas weniger streng limitiert, dafür aber haben die Schweden einige Kunden mehr glücklich gemacht. Besonders hübsch finde ich immer wieder den Chelsea Boot für kleine Füße, der auch sicherlich ganz wunderbar an Avas Füße passen würde.
Was, schon zu Ende? Nur 6 aus 220 Labels im Rückblick? Ja, leider. Natürlich hätte ich noch über die abgefahrene neue Kollektion von A Question Of schreiben oder euch von meinem Besuch des Standes von KANCHA berichten können. Oder euch von SIMON&ME vorschwärmen können, deren Knitted Hat ich bei den Temperaturen nicht mehr vom Kopf nehme. Doch so viel Zeit hatte ich leider nicht, um mir die wirklich tolle Zusammenstellung von Menswear Labels auf der SEEK Autumn/Winter 2015/16 noch weiter zu Gemüte zu führen. Dafür kann ich jetzt schon garantieren, dass wir uns zur nächsten Ausgabe der SEEK in der Arena Berlin wiedersehen werden.
Text: Alf-Tobias Zahn
Fotos: Alf-Tobias Zahn / Renato Silva / SEEK Berlin